1 Billion? Ach ja richtig.

So ist mir das noch nie bewusst geworden, aber richtig: die Wirtschaftsblüte in Deutschland nach dieser meisterlichen 1 Billion-Export-Einnahme.

Ich denke an die gute alte deutsche LIDL-Szene eines kalten und grauen Wintermorgens, dem nun bunten Geplapper der Kassendialoge im Supermarkt. Der allgemeinen unabkömmliche Freude einer zu preisenden deutsche Wirtschaftsblüte.
Rentner, die nun ihre prall gefüllten Geldbörsen den Kassiererinnen herrüberreichen, die nun nicht mehr zwischen den wenigen winzigen Cent-Stücken herumzustochern müssen, sondern den Rentnerportemonnaies das pure Bargeld entreissen.
Keine Prekarianer, denen, gesellschaftlich geduldet, der billige Fussel zur Verfügung gestellt wird, um sich tot zu saufen. Vermarktungidee: Prekariatschampus! Aber tatsächlich hab ich lange niemanden mehr gesehen, der harten Alkohol besorgt hatte.
Ja, die Welt ist besserer geworden. Wenn die, die nicht tot sind, fleissig ihrer selbstbestimmte Beschäftigung nachgehen, bleibt eben keine Zeit mehr agressive Depressionen zu pflegen. Das Manko Teil einer Wirtschaftsblüte zu sein.

Ich geniesse das emsige Treiben von „Facility Managern“, die mit Elan und Schwung die Gehwege vom Schnee befreien. Schnee, der meinen Enkeln laut wissenschaftlicher Studien zur Klimaerwärmung, niemals verprochen schien.
Importiertes Streusalz aus Afrika voller Freude über die Strassen verteilt, wird nun das Kunstleder meiner Winterschuhen zerfressen und ich werde den Teufel tun, mich zu fragen, warum es nicht das Kalisalz aus dem Werk 50 Kilometer nördlich meiner Heimatstadt macht, geschweige denn, warum ich Kunstlederschuhe trage.
Kalisalz bleibt eben Kalisalz, wie Facility Managern Hausmeister bleiben.
Mal ehrlich, bei 1 Billion-Export-Einnahme, werd ich mir das alles ja wohl leisten können.

Ich erinnere mich an Regionalzüge in der abendlichen Dunkelheit. Doppelstöckige Juwelen der Waggonbaukunst und hochgelobter Privatisierungen im deutschen Lande. Ihr Inneres mit Graffitis und Takes als künstlerrische Symbolik immenser Freude der Wirtschaftsblüte und grammatikalischer Ausdruckskraft überzogen.
Der graue Staub in Sitzpolstern, als Zeugnis hoch- und niederglegten Schuhsohlen Zivilisierter, der vom Tagewerk einkehrenden poletarische Massen, die, nun nicht unbedingt vom Bergwerken fünfzig Kilometer vor meiner Stadt das Kalisalz abbauen, dennoch in die Stille und Wärme ihrer Export-Weltmeister-Heime fahren.
Teilhaftige Exportweltmeister, die mit ihren Familien der 1 Billion-Export-Einnahmen huldigen und sich der besser klingenden Tätigkeitsbezeichnungen erfreuen und im Schein der europäischen DIN-Beleuchtung die neuste bestmögliche Fahrstrecke per Bus und Bahn zur nächsten Dienstleistungstätigkeit als Human-Kapital organisieren.

Meine Heimat ist kein Armenhaus. Meine Heimat ist der Exportweltmeister. 1 Billion Export – Einnahmen. Das macht „mir“ stolz.

Ja, der Exportüberschuss, er kommt an. Danke Deutschland! Dich lob ich mir, oder doch ehr: Dir lob ich mich?

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